Mir fällt zu Hitler nichts ein" - Bernt Hahn liest Texte aus der "Dritten Walpurgisnacht" von Karl Kraus
 
Zweimal erschien die allein von Karl Kraus bestrittene „Fackel“ nicht: 1914, zu Beginn des Ersten Weltkriegs, und 1933 nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Aber noch 1933 erfolgten die Vorarbeiten zur ‚Dritten Walpurgisnacht‘, die vollständig erst 1952 von Heinrich Fischer herausgegeben und 1934 nur in Teilen im „Fackel“-Heft Nr. 888-907 von Kraus selbst publiziert wurde. „Mir fällt zu Hitler nichts ein“, heißt es zu Beginn. „Ich bin mir bewußt, daß ich mit diesem Resultat längeren Nachdenkens und vielfacher Versuche, die bewegende Kraft zu erfassen, beträchtlich hinter den Erwartungen zurückbleibe.“ Es sind denn doch immerhin rund dreihundert Seiten, in denen Kraus den Weg zu diesem Resultat darlegt, als heller Beobachter die beginnende Barbarei, die „Gleichschaltung“ der Justiz und der von ihm beargwöhnten Presse thematisiert. Breiten Raum nehmen die Phrasen der Anhänger und Mitläufer ein, die Kraus durchs genau platzierte Zitat vernichtet. Die Barbarei manifestiert sich an und in der Sprache. Aber auch das Versagen der Linken verschweigt Kraus nicht. Sein seit der Julirevolte 1927 genährtes Misstrauen gegen die Sozialdemokratie verleitete ihn zur problematischen Parteinahme für Dollfuß.

Angesichts eines abermaligen Aufstiegs rechtsextremer Parteien und Gruppen schien es angebracht, an diesen Text zu erinnern, der hellsichtig das Ausmaß der Katastrophe von 1933 noch bis in die Barbarei der Sprache nachverfolgt.

Bernt Hahn, der in Erinnerung an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs in meiner Buchhandlung vor zehn Jahren aus Karl Krausʼ „In dieser großen Zeit“ (1914) las, wird Auszüge aus der ‚Dritten Walpurgisnacht‘ vortragen.

Karl Kraus: Schriften. Herausgegeben von Christian Wagenknecht. Band 12: Dritte Walpurgisnacht. Suhrkamp 2016. 391 S. Kart. 23,00 €

Ausgerichtet wird die Veranstaltung von der Buchhandlung Böttger, dem Katholischen Bildungswerk und dem Evangelischen Forum.

Veranstaltungsort:
Buchhandlung Böttger
Maximilianstr. 44
53111 Bonn



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