Donnerstag, 11.05.2023, 20 Uhr

Margarete Susman - vorgestellt von Barbara Hahn, der Herausgeberin der Werkausgabe

 „Mein ganzes Leben von Kindheit an war ein Erwachen aus einem immer erneuten Traum, und bei jedem Erwachen war die Welt und war ich eine andere geworden.“ Margarete Susman in ihrem autobiographischen Buch: „Ich habe viele Leben gelebt“.

Margarete Susman (1872-1966) war eine bedeutende Essayistin und Schriftstellerin, die die tiefen historischen Brüche im vergangenen Jahrhundert der Gewalt mit viel Mut reflektiert hat. Angesichts des Sturzes in »die tiefste Barbarei« der Naziherrschaft waren die Exiljahre für sie ein unermüdliches Umdenken und Umschreiben aller überkommener Gewissheiten.

Barbara Hahn, die Herausgeberin der Schriften von Margarete Susman, stellt Leben und Werk der bedeutenden Essayistin vor.

Margarete Susman: Gesammelte Schriften in 5 Bänden. Herausgegeben von Anke Gilleir und Barbara Hahn. Mit einem Nachwort der Herausgeberinnen. 2900 S. Ln 148 €

Die Paradoxien der Moderne und die tiefen Zäsuren des 20. Jahrhunderts prägen Margarete Susmans Schreiben: Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sieht sie rückblickend in der »Schuld unseres unpolitischen Lebens« stehen. Wenn sie im August 1918 in der »Frankfurter Zeitung« fragt: »Wo ist, wo lebt, was unsere großen Geister für uns gedacht, für uns gewollt haben?«, so antwortet sie darauf während der Weimarer Republik mit scharfen politischen Analysen. 1933 flieht Susman in die Schweiz und kehrt auch nach dem Krieg nicht nach Deutschland zurück. In ihrem Werk zeigt sich Susman als intellektuelle Zeugin einer westlichen Welt, die sich in einem halben Jahrhundert mehrmals selbst zerstörte. Heute sind ihre Schriften mit wenigen Ausnahmen nicht mehr verfügbar. Das ist umso erstaunlicher, als Susman eine der produktivsten deutschsprachigen Intellektuellen des vergangenen Jahrhunderts war. Das zeigen ihre Essays zu allen großen Fragen und Werken ihrer Zeit, Bücher zur modernen Lyrik, über die Bedeutung der Liebe, über die Frauen der Romantik, zum Buch »Hiob« und dem jüdischen Schicksal, biblischen Gestalten und schließlich die Autobiographie »Ich habe viele Leben gelebt«. Diese Ausgabe verdeutlicht, wie breit gefächert Susmans Schreiben und Wirken in der Öffentlichkeit war.

Barbara Hahn, Max-Kade-Foundation Chair an der Vanderbilt University, ist eine der Hauptherausgeberinnen der kritischen Hannah-Arendt-Ausgabe sowie der Edition des Werks von Rahel Levin Varnhagen. Veröffentlichungen: Hannah Arendt, Sechs Essays. Die verborgene Tradition (2019); Hannah Arendt, The Modern Challenge to Tradition (zusammen mit James McFarland, 2018); Endlose Nacht. Träume im Jahrhundert der Gewalt (2016); Hannah Arendt. Leidenschaften, Menschen und Bücher (2005)


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