Mittwoch, 25.11.2015, 20 Uhr

Siebentürmeviertel - Feridun Zaimoglu stellt seinen Roman vor.
 
Feridun Zaimoglu, Siebentürmeviertel.
Roman. Kiepenheuer & Witsch 2015. 800 S. Geb. 24,99 €    

Das hat man so noch nicht gelesen: Feridun Zaimoglu führt seine Leser ins Istanbul der 30er-Jahre und mitten hinein in eine fremde und faszinierende Welt, in der sich ein deutscher Junge behaupten muss. Eine Familiensaga der besonderen Art, emotionsgeladen, abgründig und spannend. 
Wolf weiß nicht, wie ihm geschieht. Nach dem Tod seiner Mutter hat er mit seinem Vater gelebt, der aber nach einer Warnung vor der Gestapo plötzlich Deutschland verlassen muss. Es ist das Jahr 1939, und Wolf findet sich in Istanbul wieder, in der Familie von Abdullah Bey und mitten im Siebentürmeviertel, einem der schillerndsten Stadtteile der Metropole, in der Religionen und Ethnien in einem spannungsreichen Nebeneinander leben. Was als vorübergehende Maßnahme gedacht war, wird zu einer Dauerlösung, und Wolf muss sich zurechtfinden in diesem überwältigenden Kosmos. Er wird von Abdullah Bey an Sohnes statt angenommen, besucht die Schule und erobert sich seine Stellung unter den Jugendlichen des Viertels. Als er langsam zu begreifen beginnt, welche Rolle Abdullah Bey wirklich spielt, gerät er in große Gefahr. Nach »Leyla«, dem Bestseller über den Weg einer jungen Türkin von Anatolien ins Deutschland der 60er-Jahre, wendet sich Feridun Zaimoglu wieder der Türkei zu und greift dabei die deutsche Emigration auf. Mit großer Sprachkraft und Poesie führt er den Leser in eine Welt, in der Kulturen und Religionen, aber vor allem menschliche Leidenschaften und Sehnsüchte aufeinanderprallen.



Feridun Zaimoglu, geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt seit über 30 Jahren in Deutschland. Er studierte Kunst und Humanmedizin in Kiel, wo er seither als Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist arbeitet. Er war Kolumnist für das Zeit-Magazin und schreibt für die Welt, die Frankfurter Rundschau, Die Zeit und die FAZ. 2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er den Hugo-Ball-Preis, 2007 den Grimmelshausen-Preis und 2010 den Jakob-Wassermann-Literaturpreis. 2012 wurde Feridun Zaimoglu mit dem Preis der Literaturhäuser ausgezeichnet.

Feridun Zaimoglu erhält den Berliner Literaturpreis 2016, der mit 30.000 Euro dotiert ist. Die Auszeichnung ist mit einer Gastprofessur am Peter-Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Berlin verbunden, die Zaimoglu im Sommersemester 2016 ebenfalls aufnimmt.

Die Jury des Preises zeichnet Autoren aus, die mit ihrem literarischen Werk in den Gattungen Erzählende und Dramatische Literatur sowie Lyrik einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur geleistet haben.

In der Begründung heißt es: »Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu erhält den Berliner Literaturpreis 2016 für sein sprachgewaltiges erzählerisches und dramatisches Werk. […] In seinem Debüt »Kanak Sprak« (1995) fand und erfand er eine Sprache für »Mißtöne vom Rande der Gesellschaft«. Abseitsstehende und Ausgegrenzte werden in seinen Werken zu zentralen Figuren und zu Akteuren. Vielstimmig gestaltet er die Erfahrungen von Einwandern und Migranten (»Leyla«, 2006). […] Zaimoglu gebietet über das gesamte Repertoire der deutschen Literatur, erzählt anschaulich und burlesk, originell und anspielungsreich, plastisch und unromantisch zugleich. Sein jüngster Roman, die west-östliche Familiensaga »Siebentürmeviertel« (2015) bettet die Geschichte deutscher Emigranten der dreißiger Jahre in ein Gesellschaftpanorama der frühen Türkei ein, changierend zwischen Pathos und Ironie, Schmerz und Schönheit.«

Feridun Zaimoglu erhält ihn am 17. Februar 2016 vom Regierenden Bürgermeister und Stiftungsratsvorsitzenden Michael Müller (SPD). Die Laudatio hält der Journalist und Publizist Jens Jessen ("Die Zeit"). FU-Präsident Peter-André Alt nimmt die Berufung auf die Gastprofessur vor. Er bildete zusammen mit Sonja Anders, Jens Bisky, Ina Hartwig und Thomas Wohlfahrt die Jury.