Mittwoch, 15.03.2017, 20 Uhr

Gewissen vor Staatsraison - Prof. Dr. Martin Stöhr über Leben und Werk Martin Niemöllers

Als Vorsitzender des Pfarrernotbunds und Pfarrer in Berlin-Dahlem verteidigte Martin Niermöller Schrift und Bekenntnis gegen den NS-Staat, obwohl er 1933 die Einführung des »Führerstaates« zunächst begrüßt hatte. Seine Predigten prägten die kirchliche Opposition gegen Hitler. Aufgrund seines Widerstands wurde er acht Jahre in Konzentrationslagern inhaftiert. Nach dem Ende des »Dritten Reiches« stellte er wie kein anderer die Frage nach der Schuld, auch nach der eigenen. In der Nachkriegszeit engagierte er sich für eine Annäherung der Kirchen in Ost und West und setzte sich für die »Dritte Welt« ein. Im Verhältnis von Christentum und Krieg stellte Niemöller die kirchliche Legitimation des Waffendienstes in Frage.

Martin Niemöller: Gewissen vor Staatsräson. Ausgewählte Schriften. Herausgegeben von Joachim Perels. Mit einem Nachwort von Martin Stöhr. Wallstein 2017. 352 S. 19,90 €

Der Band enthält u. a. Predigten aus der NS-Zeit, Reden und Vorträge zur Frage der Schuld der Kirche, über den Pazifismus, zum Verhältnis zu Entwicklungsländern, zur Wiederbewaffnung, über die Bedrohung durch Atomwaffen und über die »Notstandsgesetze«. Ein Interview mit Günter Gaus, in dem Niemöller seine durch die Opposition gegen Hitler und die restaurative Nachkriegsentwicklung geprägte Lebensgeschichte reflektiert, beschließt den Band.


Prof. Dr. Martin Stöhr studierte Evangelische Theologie und Soziologie in Mainz, Bonn und Basel. Nach seiner Ordination war er von 1961 bis 1969 Studentenpfarrer an der Technischen Universität von Darmstadt. Von 1969 bis 1986 übte er das Amt des Direktors der Evangelischen Akademie von Arnoldshain aus. Von 1986 bis 1997 lehrte er als Professor für Systematische Theologie an der Universität-Gesamthochschule Siegen.

Seinen Schwerpunkt legte er auf die jüdisch - christlichen Beziehungen und die ökumenische Theologie. Neben seiner universitären Tätigkeit, nahm er in der Zeit von 1966 bis 1984 gemeinsam mit Prof. Dr. W. Eckert und Landesrabbiner Dr. N.P. Levinson das Amt des Präsident des „Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaft für christlich - jüdische Zusammenarbeit" wahr. Acht Jahre lang war er außerdem Präsident des „International Council of Christians und Jews", dessen Ehrenpräsident er jetzt ist.
Martin Stöhr beteiligt sich an der Arbeit verschiedener Bewegungen und Institutionen, die Aufklärung, Dialog, Versöhnung zu ihren Optionen zählen. Seit 1961 ist er Mitglied der Christlichen Friedenskonferenz (CFK).  Stöhr war auch aktiv in der bundesdeutschen Friedensbewegung gegen Atomwaffen. In den 1990er Jahren übernahm er den Vorsitz der Martin-Niemöller-Stiftung.

2016 wurde er mit der Martin-Niemöller-Medaille der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau geehrt.