Dienstag, 31.05.2016, 20 Uhr

Warum scheitern auch die Mächtigen? Griechische Geschichtsphilosophie der klassischen Epoche bei Herodot - Vortrag von Prof. Dr. Edzart Visser
 
Das Griechenland der so genannten klassischen Zeit war am Beginn dieser Epoche, in den Jahren 500-450 v. Chr., vom persischen Großreich militärisch massiv bedroht. Konkret äußerte sich diese Bedrohung in zwei Invasionsversuchen unter den Großkönigen Dareios und Xerxes in den Jahren 490 und 480/479, die aber von den Griechen zunichte gemacht werden konnten. Dieser Ausgang war angesichts der enormen militärischen Stärke Persiens in hohem Maße überraschend.

Die unerwarteten Niederlagen der Perser haben den griechischen Geschichtsdenker Herodot, der etwa eine Generation nach den Kriegseignissen lebte, dazu veranlasst, nach Gründen zu suchen. Sein Ergebnis besteht darin, dass die Großkönige bei der Planung und Durchführung ihrer Feldzüge einer Art von Selbstüberschätzung erlegen sind. Diese Erkenntnis präsentiert Herodot in seinem Werk allerdings nicht in abstrakt-reflektierender Form, wie dies sein Nachfolger Thukydides getan hat, sondern vom Beginn seines Werkes an wesentlich auch in anekdotischer Form.


Diese anekdotische Form mag auf den ersten Blick naiv und gleichsam vor-historisch wirken, doch erweist sich Herodot gerade durch diese anekdotischen Teile als tiefgründiger Analytiker von Macht und von der Gefährdung der Mächtigen durch zu viel Macht.


P
rof. Dr. Edzard Visser wurde in Ostfriesland geboren; seine Familie stammt von der Insel Norderney. Nach dem Abitur studierte er Klassische Philologie, Alte Geschichte, Archäologie, Germanistik und Philosophie an den Universitäten Würzburg, Cincinnati, Mainz und Basel. Er promovierte 1986 an der Universität Basel, 1996 folgte die Habilitation. 2001 wurde er Schulleiter des Koblenzer Görres-Gymnasiums. 2007 wechselte er als Referent an  das Pädagogische Zentrum in Bad Kreuznach, wo er die Kompetenzorientierung für die rheinland-pfälzischen Rahmenpläne im Bereich der Alten Sprachen ausgestaltete. Seit 2008 ist Visser Schulleiter des Megina-Gymnasiums Mayen. Daneben beschäftigt er sich mit der pädagogischen Dimension des altsprachlichen Unterrichts und ist auch als Mitautor von lateinischen und griechischen Schulbüchern tätig.

Neben seinem schulischen Engagement ist Visser nach wie vor der Universität Basel verbunden. Er hält als Professor Vorlesungen, Seminare und Übungen an der Universität ab. Sein Forschungsschwerpunkt ist schon seit der Promotion besonders die Ilias, der er mehrere Monografien und Aufsätze widmete. Gegenwärtig arbeitet er an einem großen Forschungsbericht über Homer. Zudem ist er Mitarbeiter am Basler Iliaskommentar. Weitere Forschungsgebiete sind die platonische Philosophie und das Phänomen des Klassischen in der antiken Kultur.