Samstag, 21.05.2016, 19 Uhr

Birgit Lahann: Hochhuth - Der Störenfried


Rolf Hochhuth, der Autor des "Stellvertreters", wurde am 1. April 2016 85 Jahre alt. Birgit Lahann hat nun die erste Biografie geschrieben. Sie erfuhr viel über die Abgründe, die seine Stücke erhellen, über den Irrsinn deutscher Zeitläufte, gegen die er loszog, über Freund und Feind, über seine manische Kampfeslust und darüber, woher Mut und Kraft kommen, sich zügellos einer Wahrheit zu verschreiben. Der Gerechtigkeitsfanatiker griff Papst Pius XII. für sein beharrliches Schweigen bei den Judendenportationen im Zweiten Weltkrieg an. Mit "Eine Liebe in Deutschland" zwang er den ehemaligen NS-Marine-Richter und späteren CDU-Ministerpräsidenten Hans Filbinger zum Rücktritt. Ludwig Erhard schmähte ihn für seine Angriffe als Pinscher, Helmut Kohl diffamierte ihn im Vatikan, und Franz Josef Strauß beschimpfte ihn als Ratte und Schmeißfliege. Doch Hochhuth kämpfte weiter. Alle lieben die Freiheit, sagt er, aber nicht die, die ihnen dazu verhelfen wollten. Martin Walser über das Buch: "Diese Biografie ist das Lebendigste, was ich in diesem Genre je zu lesen bekam. Ich weiß nicht, ob LEBENDIG eine ästhetische Qualität ist, aber dass es eine Lesbarkeit ohnegleichen verbürgt, das weiß ich jetzt, nachdem ich in diesem durchaus wilden Buch herum gelesen habe. Und das liegt genau an beiden: Lahann und Hochhuth. Hochhuth war und ist ein Unikum. Das ganz genau ist er. Er wird nie in eine Schublade passen. Und dass dieses prinzipiell verquere Unikum schlicht liebenswürdig wird, das liegt an Birgit Lahann, die als scharfe Jägerin das Unikum in all seiner Lebendigkeit voll aufs Papier bringt."

Birgit Lahann: Hochhuth - Der Störenfried. Dietz 2016. 384 S. mit Fotos von Karin Rocholl. Geb. 29,90 €

Birgit Lahann, geb. 1940, Journalistin, studierte Germanistik und Theaterwissenschaften, arbeitete u. a. mit Peter Zadek und war 25 Jahre Autorin beim STERN. Sie erhielt den Theodor-Wolff- und den Egon-Erwin-Kisch-Preis und schrieb mehrere Biografien.