Freitag, 28.02.2020, 20 Uhr

Heidede Becker: „Aubergine mit Scheibenwischer" – die Zeichnungen von Oskar Pastior (mit Lichtbildern und Tondokumenten)

Eintritt: 12 € / Schüler, Auszubildende und Studenten: 5 € 

Hinter der großen Wertschätzung für den Lyriker Oskar Pastior – er wurde mit zwanzig Literaturpreisen geehrt, darunter der ihm posthum verliehene Georg-Büchner-Preis – ist sein graphisches Werk nahezu unbekannt geblieben, obwohl viele Zeichnungen zu seinen Lebzeiten publiziert wurden, beispielsweise in den Bänden „An die Neue Aubergine“, „sonetburger“, „Der krimgotische Fächer“, „Römischer Zeichenblock“, „Eine Scheibe Dingsbums“. Pastior zeichnete schubweise, meist parallel zu seinen Textprojekten. Sein überraschend umfangreiches graphisches Werk mit einem vielfältigen Repertoire an Zeichengebilden umfasst mehr als 650 Zeichnungen, von denen die meisten im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrt werden. Beim Betrachten wirken Pastiors Zeichnungen wie eine Entdeckungsreise mit unbekanntem Ziel. Sie beflügeln die Phantasie und verführen zum Tagträumen in imaginierten Eigenwelten. Sinn kommt und geht durch die Hintertür, Bedeutung bleibt im Schwebezustand.

Oskar Pastior (1927–2006) war – so Thomas Kling – ein „Dichter und Sprachperformer“, der „Bild und Ton als vereinigte Medien versteht und sie zu inszenieren weiß“. Geboren im rumänischen Hermannstadt (Sibiu) als Angehöriger der deutschen Minderheit wurde Oskar Pastior im Januar 1945 als 17-Jähriger zu vier Jahren Zwangsarbeit in sowjetischen Lagern im Donbass verschleppt. Sein Deportationsschicksal ist Thema des gemeinsam mit Herta Müller begonnenen Romans „Atemschaukel“. Pastiors erster Gedichtband erschien 1964 in Bukarest. 1968 kehrte er von einer Studienreise nach Wien nicht nach Rumänien zurück und lebte seit 1969 als freier Schriftsteller in Berlin.

Dr. Heidede Becker, Stadtplanerin und langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin, lebte mit Oskar Pastior 1973 bis 1985 – der besonders produktiven Phase für sein graphisches Werk – in einer fünfköpfigen Wohngemeinschaft in Berlin-Charlottenburg und war mit ihm bis zu seinem Tod befreundet. Sie verbindet mit ihrem Buch das Anliegen, seine „Zeichengebilde“ (wieder) ins Blickfeld zu rücken und zu fragen, wie sie mit seinen „Wortgebilden“ verbunden sind. Die Veröffentlichung des Buchs „Aubergine mit Scheibenwischer“ animierte das Haus für Poesie in Berlin zur gleichnamigen Ausstellung von Pastiors Zeichnungen in der Berliner Akademie der Künste anlässlich des 20. Poesiefestivals im Juni 2019 (Kuratorin: Heidede Becker, Projektleiter: Lutz Dittrich).

Heidede Becker: Aubergine mit Scheibenwischer. Die Zeichnungen von Oskar Pastior. Verlag Das Wunderhorn 2018. 232 S. mit 150 Abbildungen + Katalog mit 650 Zeichnungen. Kart. 29,80 €

Im Juli / August 2019 stand "Aubergine mit Scheibenwischer" auf Platz 7 derSWR-Bestenliste.





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