Freitag, 27.08.2021, 20 Uhr

Sprich auch du, / sprich als letzter“. Prof. Dr. Klaus Reichert, Paul Celans Lektor in den Verlagen Suhrkamp und Insel, erzählt von seinen Erinnerungen an Celan und liest aus dem Briefwechsel 

Klaus Reichert: Paul Celan – Erinnerungen und Briefe. Suhrkamp 2020. 297 S. Geb. 28,00 

Diese Erinnerungen sind wohl die letzten, die über Begegnungen mit Paul Celan geschrieben werden.
Klaus Reichert war Celans Lektor nach dessen Eintritt in den Suhrkamp Verlag und mehr noch: gemeinsam mit Siegfried Unseld verantwortlich dafür, dass sich der Dichter Ende 1966 für Suhrkamp als seinen künftigen Verlag entschied. Doch geht der Kontakt zwischen Celan und Reichert weiter zurück, bis 1958, als der damals angehende Student den Autor anschrieb und etwas später in Paris besuchte. Über die Jahre hinweg bis zu Celans Tod wurden Briefe gewechselt, Bücher geplant und realisiert, kam es zu weiteren Begegnungen, »dienstlich« und privat, in denen sich das Wesen des Dichters in immer neuen, oft überraschenden Facetten offenbarte.
Der Band bietet über Klaus Reicherts Erinnerungen im engeren Sinn hinaus die mehr als 60 in zwölf Jahren gewechselten brieflichen Sendungen mitsamt einzelnen für das Verständnis der Korrespondenz aufschlussreichen Dokumenten: Dazu zählen Autographen, Gedichtgenesen mit wichtigen Korrekturen, die Auseinandersetzung mit dem Dichter über Klappentexte, die groß angelegte Celan-Planung im Suhrkamp Verlag und signifikante Zeugnisse zu Celans Übersetzungsstrategien. Im Zentrum des Bandes aber stehen immer wieder die Person des Dichters in der Lebendigkeit ihrer Erscheinung und das Ringen darum, die Texturen Celans, auch in der Diskussion mit Dritten, zu durchdringen.

Prof. Dr. Klaus Reichert, geb. 1938, studierte Philosophie und Sprachen in Marburg, London, Gießen und Frankfurt am Main.
Von 1964 bis 1968 arbeitete er als Verlagslektor in den Verlagen Suhrkamp und Insel. 
Von 1975 bis 2003 lehrte er als Professor für Anglistik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
1993 gründete er das 
Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit an der Goethe-Universität und amtierte bis 2006 als dessen geschäftsführender Direktor.
Von 2002 bis 2011 war er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Klaus Reichert hat die Werkausgabe von Virginia Woolf im S. Fischer Verlag herausgegeben.
Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.
Mit seinem Buch Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen, erschienen bei Fischer, stand Klaus Reichert auf der Shortlist des Preises der Leipziger Buchmesse.

Veröffentlichungen (Auswahl)
Fortuna oder die Beständigkeit des Wechsels. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985.
Vielfacher Schriftsinn. Zu Finnegans Wake. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1989.
Kehllaute. Gedichte. Residenz, Salzburg 1992.
Das Hohelied Salomos. Übersetzt, transkribiert und kommentiert von Klaus Reichert. Residenz, Salzburg/ Wien 1996
Der fremde Shakespeare. Hanser, München 1998.
Wär ich ein Seeheld. Gedichte. Jung und Jung, Salzburg 2001.
Die unendliche Aufgabe. Hanser, München 2003.
Welt-Alltag der Epoche. Essays zum Werk von James Joyce. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004.
William Shakespeare: Die Sonette. Prosa-Übersetzung von Klaus Reichert. Jung und Jung, Salzburg/ Wien 2005.
Lesenlernen. Über moderne Literatur und das Menschenrecht auf Poesie. Hanser, München 2006.
Wüstentage. Insel, Frankfurt am Main/ Leipzig 2007.
Türkische Tagebücher. Reisen in ein unentdecktes Land. Frankfurt, S. Fischer 2011.
Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen. S. Fischer, Frankfurt am Main 2016.

Auszeichnungen:
1983: Christoph-Martin-Wieland-Preis
1996: Hessischer Kulturpreis für Wissenschaft
2007: Julius-Campe-Preis
2010: Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main
2012: Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland
2013: Wilhelm-Merton-Preis für Europäische Übersetzungen

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