Freitag, 12.09.2025, 20 Uhr

Thomas Franke liest aus dem Werk von Hermann Harry Schmitz und bringt auch eigene Texte zu Gehör
 
Zur Finissage der Ausstellung mit Arbeiten von Thomas Franke Literatur aus der grotesken Ecke:

Wenn die Amateur-Literaturkritikerin Elke Heidenreich und der Kabarettist Frank Meyer ihn nicht des Öfteren erwähnt und sein literarisches Werk gelobt hätten, wäre der gebürtige Düsseldorfer Verfasser erschröcklicher Grotesken und Einakter, Hermann Harry Schmitz (1880 – 1913), wohl mittlerweile vergessen oder lediglich in einem kleinen Interessentenkreis bekannt, denn er nimmt aufgrund der radikal-surrealen Gestaltung seiner Grotesken innerhalb dieses in Deutschland wenig entwickelten literarischen Genres eine Sonderstellung ein. In bewusst naiv gewählter Erzählhaltung zielte er mit seinen Attacken auf die Welt des Kleinbürgers im Industriezeitalter. Seine Protagonisten enden mit ihrer sinnentleerten Genußfähigkeit, den Statusproblemen, ihrem Technik-Fetischismus, aber auch mit ihren Fluchtbewegungen wie Reisedrang oder falsch verstandenem Naturkult zumeist tödlich. Um Schmitzens solcherart grotesken Gestus zu übertrumpfen, zelebriert Thomas Franke seine eigenen Gedichtereien, in denen die Protagonisten ebenfalls meistens zu Tode kommen. Bezüglich dieser dramaturgischen Strategie ähneln sich die Werke von Schmitz und Franke.

Aber der Schriftfallensteller, poetischer Fabulierer, Hörspieler und Szenenerfinder Franke stiefelt im Gegensatz zu Schmitz ziellos lärmend durch die Welt. Als Ausgangspunkt wählte er Ernst Blochs Behauptung „etwas ist nicht geheuer, damit fängt alles an“. Aufs Messer provoziert von den durch die Erfindung der Political Correctness ausgelösten Entwicklungen in unserer globulisierten Welt, die sich als Gegenwarts- und Zukunftsverstümmelungen auswirken, und gleichfalls darüber belustigt, schwingt er eingedenk der Behauptung, Grausamkeit sei manchmal eine Form der Ehrlichkeit, das Lichtschwert, um den ledernen Mantel aus solchen verlogenen Wortgebräuchlichkeiten seitens der dunklen Seite der Macht aufzuschlitzen und seine Faust in die darunter verschüttet liegende schmutzige Wirklichkeit zu rammen. Mit der Rücksichtslosigkeit einer Naturgewalt zerreißt er diese Hülle gefühlig-neudeutscher Syntax, bis deren Strukturen splitternackt sich präsentierend zu sehen sind. Und wenn er sich genug geweidet hat an solchem pornografischen Zustand, umhüllt er sie mit absichtlich falsch zusammengespuckten Begriffen, Schachtel- oder selbstgewebten Nonsensworten, wilhelminisch buschinös jandelnd und mit aus brachialem Starckdeutsch gestrickten Grobheiten, oft am Rande des guten Geschmacks entlang schleifend, - manches Mal auch in klebrigen, schlüpfrigen Morast abrutschend. Dadaistische Raserei, Ringelnatzischer Irrsinn und Jandlscher Wortwitz sind nichts gegen seine Gedichte.




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