Donnerstag, 27.09.2018, 20 Uhr

Mark Schaevers: Leben und Werk von Felix Nussbaum (mit Lichtbildern)
 
Mark Schaevers: Orgelmann. Felix Nussbaum - ein Malerleben. Übersetzung: Marlene Müller-Haas.Galiani 2016. 480 S. Mit über 100 Abbildungen, durchgehend vierfarbig illustriert. Geb. 38 €

1932 beziehen zwei der vielversprechendsten neuen Talente des deutschen Kunstbetriebs ihre Räume in der römischen Villa Massimo: Arno Breker und Felix Nussbaum. Die Stipendiaten sollen frei von finanziellen Sorgen in der Ruhe des Hauses ihre künstlerische Formensprache vervollkommnen.

Doch der Lauf der Geschichte macht innerhalb weniger Monate den einen zum Großkünstler des Dritten Reichs und den anderen zu einem Entrechteten und Gehetzten. Als Goebbels im Mai 1933 der römischen Künstlervilla einen Besuch abstattet, ist Nussbaum schon von dort vertrieben. Für ihn und seine Frau beginnt eine rastlose Odyssee durch Europa, die über Italien nach Frankreich, dann nach Ostende und letztendlich nach Brüssel führt. Auch in der Illegalität malt Nussbaum weiter, in seinen geheimen Ateliers entstehen unglaubliche Bilder.

Die Beziehung zwischen Nussbaum und seiner Frau ist mehr denn schwierig – aber als er 1940 nach seiner ersten Verhaftung aus dem Lager St. Cyprien fliehen kann, kehrt er zu ihr nach Brüssel zurück.

Am 20. Juni 1944 werden die beiden von der Gestapo aufgespürt, verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Dort verliert sich ihre Spur.

Nussbaum ist völlig vergessen. Erst nach und nach tauchen seine Bilder wieder auf und erst in den letzten Jahrzehnten wird die nachgerade ikonische Bedeutung seines künstlerischen Werks erkannt.

„Dieses Buch hat mir den Atem verschlagen. Es ist ein Buch, das man nicht mehr vergisst.“ Geert Mak

Mark Schaevers, geb. 1956, lebt in Brüssel. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, u. a. in Zusammenarbeit mit Hugo Claus. 2015 veröffentlichte er ein Buch über den Sommer 1936 in Ostende: Oostende, de zomer van 1936: Irmgard Keun, Egon Erwin Kisch, Joseph Roth, Stefan Zweig aan de Belgische kust. Mit Orgelmann gelang ihm ein großer Erfolg. Das reich illustrierte Buch war wochenlang auf den belgischen Bestsellerlisten.

Zu der Veranstaltung ein ausdrücklicher Hinweis auf das Buch "Felix und Felka" von Hans Joachim Schädlich:
   Rom, an einem Nachmittag im Mai 1933. Ein tätlicher Angriff des Malers Hanns Hubertus Graf von Merveldt zwingt den deutsch-jüdischen Maler Felix Nussbaum, die Villa Massimo zu verlassen. Die Rückkehr nach Deutschland ist ihm und seiner Lebensgefährtin, der polnisch-jüdischen Malerin Felka Platek, angesichts der nazistischen Judenverfolgung unmöglich. Nach Aufenthalten an der italienischen Riviera, in Paris und Ostende finden sie schließlich eine Bleibe in Brüssel. Dem dringlichen Rat eines Freundes, sich nach Palästina zu retten, folgen sie nicht. Obwohl die Bedrohung durch die deutschen Besatzungsbehörden zunimmt, bleiben sie in Brüssel, verstecken sich in einer Mansarde.

In „Felix und Felka" zeigt sich Hans Joachim Schädlich erneut als Meister der so kunst- wie eindrucksvollen Reduktion. Wohl noch nie ist ein Künstlerleben, das unter den Zwängen der rassistischen Verfolgung stand, derart verdichtet literarisch dargestellt worden. In unvergesslichen Momentbildern gelingt es ihm, existentielle Ängste spürbar zu machen. Indem er das Künstlerpaar in seinem ganz privaten Umfeld zeigt, erfährt die Geschichte eine Kraft, die weit über das Einzelschicksal hinausreicht.

Hans Joachim Schädlich: Felix und Felka. Rowohlt 2018. 208 S. Geb. 19,95 €