Mittwoch, 30.05.2018, 20 Uhr

Volker Oppmann: Ein Kapitel deutscher Exilliteraturgeschichte: Max Tau und der Neue Verlag
 
Volker Oppmann: Max Tau und der Neue Verlag. Ein Kapitel deutscher Exilliteraturgeschichte.Verlag Dreiviertelhaus 2017. Edition Kritische Ausgabe Bd 7.108 S. Kart. 16,00 €

Der erste Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Max Tau (1897–1976), dessen Freundes- und Bekanntenkreis sich zu Lebzeiten wie das Who-is-Who der Literatur- und Verlagswelt liest, ist heute ein nahezu Unbekannter. Sein Metier als Lektor und Verleger war es, Talente aufzuspüren und erfolgreich zu publizieren; so gilt er unter anderem als Entdecker von Marie-Luise Kaschnitz, Luise Rinser und Wolfgang Koeppen.

Frieden und Völkerverständigung waren stets das Ziel seiner Bemühungen. Selbst durch die Erfahrungen der NS-Herrschaft, die ihn ins Exil trieb und eines Großteils seiner Familie beraubte, rückte er nicht von seinen Idealen ab. Offen bekannte er sich zu Pazifismus und Humanismus und setzte sich bereits unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs intensiv für eine Aussöhnung mit Deutschland ein. Für seine Verdienste wurde er unter anderem mit dem äußerst selten verliehenen Großen Bundesverdienstkreuz am Schulterband (1959), dem Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund (1965), dem Literaturpreis der Deutschen Freimaurerloge mit dem Lessing-Ring (1966) und dem Sonning-Preis der Universität Kopenhagen (1970) ausgezeichnet.

Ab 1928 bis zu dessen Einstellung 1938 war Max Tau Lektor und literarischer Leiter des Bruno Cassirer Verlags in Berlin und prägte dessen Programm und Profil entscheidend mit. Mit der „Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten wurde es für Cassirer und Tau, die beide jüdischer Abstammung waren, zunehmend schwieriger und gefährlicher, in Deutschland zu publizieren. Unter dem unmittelbaren Eindruck der „Reichskristallnacht” flohen beide im buchstäblich allerletzten Moment aus Deutschland: Cassirer nach England, wo er 1941 starb, Tau nach Norwegen und schließlich nach Schweden, wo er eine Anstellung als Lektor im zum Esselte-Konzern gehörigen Ljus-Verlag fand, bei dem er sich nachdrücklich für die Belange der deutschen Literatur einsetzte. Dort wagte Tau, der vorher nie derartige Ambitionen hatte, das Unternehmen, einen eigenen Verlag zu gründen, und etablierte mit der finanziellen Unterstützung des Konzerns ab 1944 seinen Neuen Verlag, dessen Zielsetzung es war, „den Dichtern der Emigration eine Heimstätte“ zu schaffen.

Volker Oppmann studierte Germanistik und Skandinavistik in Bonn und Bergen (Norwegen). Nach Verlagserfahrungen bei Rogner & Bernhard gründete er den Berliner Verlag Onkel & Onkel.