Freitag, 29.01.2016, 20 Uhr

Anita Lasker-Wallfisch: Ihr sollt die Wahrheit erben
 
Anitka Lasker-Wallfisch
, geboren 1925 in Breslau, erzählt von der Zerstörung einer jüdischen Familie und davon, wie sie und ihre Schwester Renate die Konzentrationslager der Nazis überlebten. Die Autorin, die das Londoner English Chamber Orchstra mitbegründete und bis in die Jahrtausendwende erfolgreich als Cellistin arbeitete, gehörte zum „Mädchenorchester“ von Auschwitz. Ihre Lebenserinnerungen sind das eindrucksvolle Zeugnis eines deutsch-jüdischen Familienschicksals im 20. Jahrhundert und die sehr persönliche Chronik einer Überlebenden des Holocaust.

In einem Nachwort berichtet die Autorin über ihre auf Lesereisen gesammelten Erfahrungen mit dem deutschen Publikum.

Anita Lasker-Wallfisch: Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz - Erinnerungen. Mit einem Vorwort von Klaus Harpprecht. 256 S. mit Fotos und Dokumenten auf 21 Tafeln. 14. Auflage Rowohlt 2015. Kart. 8,99 €

Anita Lasker-Wallfisch kommt aus einem deutsch-jüdisches Elternhaus. Ihr Vater, im Ersten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, war Rechtsanwalt, ihre Mutter Geigerin. Die Eltern wurden 1942 deportiert und ermordet. Anita und ihre ältere Schwester Renate kamen in ein Waisenhaus. Sie arbeiteten als Zwangsarbeiterinnen in einer Papierfabrik und versuchten, für französische Kriegsgefangene Pässe zu fälschen. Mit gefälschten Pässen wollten sie selbst nach Frankreich fliehen. Doch schon am Bahnhof wurden sie von der Gestapo verhaftet, wegen Urkundenfälschung verurteilt  und nach Auschwitz deportiert. Sie wurden nicht in einem der üblichen Deportationszüge, sondern als Strafgefangene ins Vernichtungslager gebracht. Das war ein Glück. So kam Anita nicht sofort in die Gaskammer. Im Gespräch mit einem anderen Häftling, einer Frau, die ihr die Häftlingsnummer eintätowierte, erzählte Anita, dass sie Cello spiele. Diese Frau war Alma Rosé, Tochter des Ersten Konzertmeisters der Wiener Philharmoniker, Nichte Gustav Mahlers und eine europaweit gefeierte Violinistin. In Auschwitz leitete sie das Frauenorchester, in dem Cellisten fehlten. So nahm Alma Rosé Anita in das Orchester auf. Das war ihre Rettung, denn fast alle Musikerinnen haben die Lager überlebt.

Später erfolgte die Deportation des Orchesters ins Konzentrationslager Bergen-Belsen. Ihre Schwester Renate, die Anita im Auschwitz zufällig wieder gefunden hatte, ging freiwillig mit nach Bergen-Belsen. Beide überlebten das KZ Bergen-Belsen unter größten Schwierigkeiten. Nach der Befreiung im  April 1945 und einem Jahr in Brüssel wanderten die Schwestern nach Großbritannien aus.

Anita Lasker-Wallfisch gründete zusammen mit anderen Musikern das English Chamber Orchestra. Sie heiratete den Pianisten Peter Wallfisch. Sie hat zwei Kinder und fünf Enkel. Fast alle sind Musiker.