Mittwoch, 21.10.2015, 20 Uhr

"Narrenleben" - Hans Joachim Schädlich liest

Eintritt: 10 €

Nach dem Erfolg seiner Novelle "Sire, ich eile" über Friedrich II. und Voltaire erzählt Hans Joachim Schädlich nun die Geschichte zweier Narren.
Joseph Fröhlich (1694-1757), gelernter Müller aus der Steiermark, wohlbestallter kurfürstlich-königlicher Taschenspieler und Lustiger Rat am Dresdner Hof, Vertrauter Augusts des Starken – der Einzige, der ihn duzen darf –, fürsorglicher Familienvater, der sich am Elbufer auf einem Grundstück, das August ihm geschenkt hat, ein Haus baut: ein menschenfreundlicher und wohltätiger Mann. Doch auch ein Spielball des Kurfürsten.
Ganz anders das Leben von Peter Prosch (1744-1804), einem Tiroler aus ärmsten Verhältnissen und von heiter-naivem Naturell, der in Österreich und Süddeutschland von Fürstenhof zu Fürstenhof zieht – ihm ist es nicht vergönnt, eine Stelle zu erlangen. In einem fiktiven Brief an Joseph Fröhlich beklagt er, dass die Fürsten und ihre Günstlinge üble, oft grausame Scherze mit ihm treiben: Man will ihm ein Kind unterschieben, man erklärt ihn zum Taufpaten eines Esels, man heftet ihm einen falschen Bart an und steckt ihn in Brand, man bindet ihn am Sattel eines wilden Pferdes fest - alles zur Belustigung der Herren. Er erduldet es, denn: "Je mehr ich ertrage, desto größer ist mein Ertrag."
Hans Joachim Schädlich macht erneut, kunstvoll und verknappt, zwei historische Gestalten und ihre Zeit lebendig. Mit diesem Roman über Macht und Moral, Abhängigkeit und Selbstachtung fügt er seinem Werk ein weiteres Bravourstück hinzu.

Hans-Joachim Schädlich: Narrenleben. Rowohlt 2015. Geb. 17,95 €

Beatrice von Matt schreibt in der Neuen Zürcher Zeitung vom 27. Juni 2015 über Schädlichs Narrenleben:
Schädlich "verfolgt eine rigorose literarische Minimla Art. 'Zu knapp?', 'Zu reduziert?': Solche Fragen mögen beim kritischen Lesen auftauchen... Der Kunst des schroffen Weglassens verdanken sich gemeißelte Portraits. Hat man das Buch weggelegt, bleiben sie als komplexe Menschenbilder gegenwärtig. Und man ertappt sich dabei, wie man heiteren Umgang pflegt mit Schädlichs Narren, längst Verstorbenen, die doch viel auch von uns Lesern wissen."

Hans Joachim Schädlich, 1935 in Reichenbach im Vogtland geboren, arbeitete an der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin, bevor er 1977 in die Bundesrepublik übersiedelte. Heute lebt er wieder in Berlin. Für sein Werk bekam er viele Auszeichnungen, u. a. den Heinrich-Böll-Preis, Hans-Sahl-Preis, Kleist-Preis, Schiller-Gedächtnispreis, Lessing-Preis, Bremer Literaturpreis, Berliner Literaturpreis und Joseph-Breitbach-Preis.