Freitag, 29.11.2019, 20 Uhr

"Effi Briest" oder: Die Kunst, nicht alles zu erzählen - Vortrag von Prof. Dr. Klaus Müller-Salget 

Prof. Müller-Salget zu seinem Vortrag:
"Im Roman und erst recht in der darin erzählten vielberufenen Chinesen-Geschichte gibt es auffällige Lücken, sowohl im Geschehnisablauf als auch in der Motivation der Figuren. Fontane ging es darum, manches der Phantasie der LeserInnen zu überlassen, nicht alles darzustellen und nicht alles zu erklären. Schon in der Reaktion auf eine Kritik an seiner Erzählung "Ellernklipp" (1881) hat er das teilweise Balladeske seiner Schreibweise betont und gemeint: "Lücken und Unbestimmtheiten […] sind immer noch besser als Plattheiten und Alltäglichkeiten".


Im Vortrag werden die Unbestimmtheiten in "Effi Briest" nicht vereindeutigend 'aufgelöst' (auf welchen Fehler viele Interpreten verfallen sind); vielmehr sollen die Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten in ihrer Unbestimmtheit herausgestellt und damit wieder der Phantasie der jeweiligen Leserschaft überantwortet werden."

Klaus Müller-Salget, geboren 1940, studierte in Bonn Germanistik, Latein und Philosophie. Promotion 1970, Habilitation 1980. Lehrstuhlvertretungen in Passau und Bonn, 1986-88 Dozent in Erlangen, DFG-Projekt "Deutschsprachige Schriftsteller in Palästina/Israel" 1987- 92 (mit Unterbrechungen), Gastprofessur an der Hebrew University in Jerusalem 1992/93. Seit 1993 Ordinarius für Neuere deutsche Sprache und Literatur an der Universität Innsbruck, jetzt emeritiert.
Mitherausgeber der Kleist-Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag. Publikationen (Auswahl): Alfred Döblin. Werk und Entwicklung (1972, 21988). - Erzählungen für das Volk. Evangelische Pfarrer als Volksschriftsteller im Deutschland des 19. Jahrhunderts (1984). - Erläuterungen und Dokumente: Max Frisch, 'Homo faber' (1987 u._ö.). - Max Frisch (1996 u.ö.). - Zahlreiche Aufsätze zur deutschsprachigen Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.


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